Freitagmorgen, 8:00Uhr, EDEKA-Parkplatz Hannover-Wülfel. Was für ein Auflauf! Diesmal fahren wir mit 24 Personen (6 Betreuer und 18 Teilnehmer) nach Südfrankreich. Normalerweise liegt unsere Obergrenze bei insgesamt 18 Personen, aber die Teilnehmer der letzten Jahre sind fast geschlossen wieder dabei und wir wollen auch die neueren Mitgliedern der Hexen & Friends eine Teilnahme ermöglichen. Somit wuseln jetzt 24 Osterfahrer plus Angehörigen auf dem Parkplatz umher und der Berg Gepäck wird immer größer. Nicht leicht, hier den Überblick zu behalten. Nach einer halben Stunde sind aber alle Passagiere und vor allem auch das gesamte Gepäck in den beiden Sprinter-Bussen und dem Minivan verstaut. Vor allem in Letztgenanntem ist es ziemlich eng, weshalb die Besatzung ausschließlich aus zierlichen Damen besteht. Die Frauenquote ist dieses Mal mit fast 50% wieder erfreulich hoch.
Unser Ziel erreichen wir erst nach Mitternacht, denn es sind fast 1.400km bis Draguignan und in der Schweiz gab es einige Staus. Um diese Zeit ist der Platzwart natürlich längst im Bett. Jetzt wissen alle Teilnehmer, was biwakieren ist. Am nächsten Tag bekommen wir dann aber schnell unseren Platz zugewiesen. Eine riesige Wiese ganz für uns allein. Dazu ein kleines Waschhaus, welches außer uns ebenfalls kaum jemand benutzt. Denn es herrscht noch absolute Nebensaison und außer uns sind nur einige Dauercamper auf dem Platz.
Während der Rest das Camp aufbaut suchen Mia, Maja und ich einen Bäcker, denn täglich frische Baguettes sind bei den Osterfahrten in Südfrankreich Pflicht. Wir frühstücken in strahlendem Sonnenschein und danach geht’s gleich an die Felsen. Die ersten beiden Tage nach Chateaudouble. Hier ist es am 2.Tag sehr ärgerlich, dass das Sperrungs-Schild für den Sektor „Baou de Prannes“ wegen Vogelschutz erst auf halben Wege zwischen Parkplatz und Fels steht und wir an diesem Tag mehr laufen, als geplant. Und die Zustiege sind in Chateaudouble nicht gerade kurz. Die nächsten Tage kommt dafür der Ausgleich, denn wir fahren nach Chateauvert, wo die Felsen in unmittelbarer Nähe der Straße stehen. Das lieben alle, denn wir sind ja eine Klettergruppe und keine Wandergruppe.
Bereits am ersten Klettertag setzt ein heftiger Wind ein, der sich rasch zu einem Sturm entwickelt und volle 6 Tage anhält. Die Felsen sind alle windgeschützt, so dass dies beim Klettern nicht stört, aber es ist jedes Mal spannend, in welchen Zustand sich unser Camp befindet, wenn wir abends zurückkommen. Da gilt es immer erst einmal die Schäden zu beseitigen. Glücklicherweise herrscht trotz des Sturms die ganze Zeit strahlender Sonnenschein und es ist angenehm warm. Beim abendlichen Kochen kann uns der Sturm ebenfalls nichts anhaben, denn Heiko hat für unsere große Gruppe ein stabiles THW-Mannschaftszelt organisiert, welches uns als Küchen- und Esszelt dient. Dort verbringen wir so manchen lustigen Abend und es wird auch gern einmal etwas später, so dass der Weckdienst am nächsten Morgen schon einmal etwas intensiver ausfallen muss.
Am Ruhetag fahren wir zur tiefsten Schlucht Europas, der Verdon-Schlucht. Hier kann jeder der will ausprobieren, wie es ist, mit 500m Luft unterm Hintern zu klettern. Selbst für manchen gestandenen Kletterer eine Mutprobe. Dazu die beeindruckende Landschaft und mehrere Geier, die in der Thermik um uns herum kreisen. Das geplante Baden im nahe gelegenen Stausee fällt dann leider aus, denn hier in den Bergen ist der Sturm eiskalt.
Nach dem Ruhetag wiederholen wir das bewährte Programm. Erst 2 Tage Chateaudouble und dann 2 Tage Chateauvert. Allen gefällt diese Regelung, zumal die letzten Tage das Wetter im Raum Draguignan/Chateaudouble schlecht wird, während in Chateauvert weiterhin die Sonne scheint.
Die Gruppe ist diesmal nicht nur sehr groß, sondern auch sehr heterogen. Die Teilnehmer liegen im Alter zwischen 10 und 17 Jahren. Einige klettern zum ersten Mal am Fels bzw. mit Seil, andere gehören zum nationalen Wettkampf-Perspektivkader und hätten mit diesem auch nach Fontainebleau fahren können, haben sich aber bewusst für die Osterfahrt entschieden. Ich bin sehr gespannt, ob das gut geht. Es geht sogar sehr gut. Alle harmonieren als Gruppe perfekt. Es gibt weder Neid noch Überheblichkeit. Alle unterstützen sich gegenseitig.
Die Motivation beim Klettern ist sehr hoch. Alle geben den ganzen Tag beim Klettern und beim Sichern Vollgas. Das war längst nicht bei allen Osterfahrten der Fall. Es wird aber nicht nur viel, sondern auch schwer geklettert. Jeder für sich am persönlichen Limit und viele konnten dieses Limit auch weiter nach oben schieben. Von den Teilnehmern werden Routen bis 7c geklettert. Da kann von den Betreuern nur Felix mithalten, der mit Routen bis 8a noch knapp die Nase vorn hat. Es stellt sich die Frage, wie lange noch, denn die Kids geben mächtig Gas. Am Donnerstag ist Girlsday. Da haben die Mädels mit 3 Begehungen im Grad 7b den Jungs mal gezeigt, wo der Hammer hängt, denn die haben nur eine 7b vorzuweisen.
Gleichzeitig haben wir aber auch soviel Ausbildung wie schon lange nicht mehr zu leisten, denn einige Teilnehmer haben die Boulderhalle bislang nur selten oder noch gar nicht verlassen. Da sind wir natürlich besonders stolz, dass am Ende der Fahrt alle Teilnehmer selbstständig vorsteigen und Vorstieg sichern können.
Aber wir sind natürlich nicht nur geklettert. Zurück im Camp steht bis zum dunkel werden oftmals weiterhin Sport an. Rugby, Volleyball, Slagline – Die Kids sind echt nicht platt zu bekommen.
Am Abfahrtstag bin ich wieder einmal begeistert, dass wir es in nur 2 Stunden schaffen, dass Camp komplett abzubauen, zu frühstücken und die Wagen zu packen. Kurz nach Mitternacht können dann die Eltern ihre müden aber glücklichen Kinder wieder in Empfang nehmen.
Es war die 13te Osterfahrt der Hexen & Friends. Es hat allen sehr viel Spaß gemacht. Die 13 kann also auch eine Glückszahl sein.
Jetzt beginnt die Suche nach einem Ziel für die nächste Osterfahrt.
Ich freue mich schon jetzt.
Thommy